20 Jahre Digitalisierung der Gesundheitsbranche

 

Der Lipobay-Skandal Anfang der 2000er war der Auslöser für die Digitalisierung der Gesundheitsbranche in Deutschland. Seitdem prägen Bund, gematik und Gesetze die Entwicklung der Telematikinfrastruktur.

Die ersten Schritte

 

2001 führte das von Bayer vertriebene Medikament Lipobay, das zur Senkung des Cholesterinspiegels eingesetzt wurde,  zu erheblichen Konsequenzen. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln verursachte weltweit mehr als 50 Todesfälle.

In Folge entschieden sich im Jahr 2002 die Spitzenverbände des deutschen Gesundheitswesens, eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) einzuführen. Damit wollten sie die Medikamenteneinnahme der Patient:innen besser dokumentieren und mögliche Wechselwirkungen sofort erkennen. Basierend auf dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung aus 2004 folgte 2005 die Gründung der gematik und 2006 der Beschluss, die eGK einzuführen.

Die erste elektronische Gesundheitskarte (G1) wurde jedoch erst gut fünf Jahre später, im Jahr 2011, ausgegeben und erhielt als neue Erweiterung das Foto des Versicherten. Weitere Funktionen waren noch nicht enthalten.

 

Aufwind mit dem E-Health-Gesetz

Ende 2015 wurde das E-Health-Gesetz, Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen, mit dem Ziel verabschiedet, wieder Schwung in die Digitalisierung zu bringen.

Das E-Health-Gesetz konkretisiert die Anwendungen zur Digitalisierung des Gesundheitswesens, wie:

  • den elektronischen Medikationsplan (eMP)
  • den elektronischen Arztbrief (eArztbrief)
  • den elektronischen Arztausweis bzw. Heilberufsausweis (SMC-B/eHBA)
  • das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM)
  • das Notfalldatenmanagement (NFDM) eines Versicherten
  • die elektronische Patientenakte (ePA)

2016 tritt das E-Health-Gesetz offiziell in Kraft und verpflichtet Ärzt:innen sich nachweislich bis Sommer 2018 an die Telematikinfrastruktur (TI) anzubinden. Als erste TI-Anwendung wird das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) eingeführt. Kliniken und Apotheken sind von einer Anschlussfrist ausgenommen. 2017 wird die Anschlussfrist für Ärzt:innen auf den 31. Dezember 2018 verlängert. Im selben Jahr lief die Funktion der eGK in der ersten Generation aus (G1). Die nachfolgenden Generationen (G1+/G2) ermöglichten den Online-Datenabgleich der Versichertenstammdaten (VSDM).

Im November 2017 wird der erste Konnektor und das erste Kartenterminal durch die gematik zertifiziert; weitere Hard- und Software-Lösungen folgen sukzessive. Zeitgleich wird das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG) beschlossen, welches am 01. Januar 2019 in Kraft tritt.  Darin enthalten ist eine weitere Fristverlängerung für die Einführung der Telematikinfrastruktur und dem Versichertenstammdatenmanagement. Sofern nachgewiesen wurde, dass ein TI-Anschluss samt aller erforderlichen Komponenten bestellt wurde, war die Anschlussfrist erfüllt, wenn dieser bis zum 30. Juni 2019 installiert wurde. Danach drohten Honorarkürzungen als Sanktionsmaßnahme.

 

Der Bund übernimmt die Steuerung der Digitalisierung

2019 übernahm der Deutsche Bund die gematik zu 51 % und konnte fortan auch Mehrheitsentscheidungen treffen. Gründe dafür waren, dass die Bemühungen der gematik als zu schleppend wahrgenommen wurden, was auch u.a. auf Interessenskonflikte der Gesellschafter (Bundesärztekammer (BÄK), Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Deutscher Apothekerverband (DAV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV)) zurückgeführt wurde.

Mit der neuen Ausrichtung wurde die gematik in „Gematik GmbH“ umbenannt und richtete ihre Ziele auf die generelle Digitalisierung des Gesundheitswesens aus. Um digitale Angebote wie die DiGa und ePA schnell und flächendeckend zu nutzen, trat Ende 2019 das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) in Kraft. Apotheken und Krankenhäuser erhielten damit verpflichtende Anschlussfristen für das Jahr 2020.

 

Weitere gesetzliche Beschlüsse folgten

2021 – Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG), das die Nutzung digitaler Angebote wie z. B. der elektronischen Patientenaktie (ePA) und dem E-Rezept regelt, sowie Vorgaben zum Schutz der Patientendaten enthält.

2021 – Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG), welches die Ausweitung der TI auf weitere Leistungserbringer wie Reha- und Vorsorgeeinrichtungen, Pflegeheime und -dienste, physiotherapeutische Praxen, Geburtshilfe und Gesundheitsämter festlegt.

2022 – Gesetz zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung (Krankenhauspflegeentlastungsgesetz – KHPflEG), enthält Regelungen, die die Nutzerfreundlichkeit von digitalen Anwendungen stärken und die Verbreitung zentraler Anwendungen der Telematikinfrastruktur erhöhen sollen.

2023 – Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz/ Digi-D) sowie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG).

 

Die digitale Gesundheitszukunft

Die ersten Auswirkungen des Digital-Gesetzes sind die seit dem 1. Januar 2024 verpflichtende Nutzung des elektronischen Rezepts (E-Rezept) sowie die seit 01. März 2024 verpflichtende Nutzung des elektronischen Arztbriefes (eArztbrief).

Das Kernstück des Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen ist die flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) für alle Beteiligten am 15. Januar 2025. Mit der Umstellung des Einwilligungsverfahrens auf eine Opt-out-Lösung wird eine breitere Akzeptanz der ePA unter den Versicherten angestrebt.

Der Bund hat sein Ziel, die Digitalisierung in Deutschland flächendeckend und früchtetragend umzusetzen, fest im Auge. Mit dem Referentenentwurf zum Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) vom 15. Mai 2024 soll der Ausbau der gematik weiter vorangetrieben werden. Als Gesundheits-Digital-Agentur soll Ihr Mandat gestärkt und die Verantwortungs- und Aufgabenbereiche an die Herausforderungen der digitalen Transformation angepasst werden. Vor allem klare Prozessverantwortlichkeiten sollen schnellere Lösungen ermöglichen.

Mit der Einführung des TI-Gateways 2025, folgt der nächste Meilenstein auf dem Weg in die Telematikinfrastruktur 2.0 (TI 2.0), um eine vernetzte und patientenzentrierte Digitalisierung zu gewährleisten. Wenn Sie mehr zum TI-Gateway und weiteren TI-Angeboten erfahren Sie wollen, klicken Sie hier.